BundesverwaltungsgerichtVorratsdatenspeicherung ist und bleibt illegal

Die Vorratsdatenspeicherung ist weiterhin rechtswidrig. Das hat das Bundesverwaltungsgericht erneut festgestellt. Nur Bundesinnenministerin Nancy Faeser will Koalitionsvertrag und Gerichtsurteile nicht umsetzen und beharrt auf der anlasslosen und massenhaften Datenspeicherung.

Ein Karussell auf einem Jahrmarkt
Vorratsdatenspeicherung ist wie ein Zombie, ein totes Pferd oder wie ein Karussell: Es dreht sich ständig im Kreis zwischen Neueinführung und Gerichtsurteilen – nur mit weniger Spaß. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / aal.photo

Schon wieder hat ein Höchstgericht festgestellt, dass die Vorratsdatenspeicherung von Verkehrsdaten rechtswidrig ist. Die Speicherpflicht im Telekommunikationsgesetz ist „in vollem Umfang unvereinbar der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation und daher nicht anwendbar“. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in zwei Verfahren entschieden:

Unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH ist das Bundesverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Regelung im Telekommunikationsgesetz eine anlasslose, flächendeckende und personell, zeitlich und geografisch undifferenzierte Vorratsspeicherung eines Großteils der Verkehrs- und Standortdaten vorschreibt.

Diese genügt schon deshalb nicht den unionsrechtlichen Anforderungen, weil keine objektiven Kriterien bestimmt werden, die einen Zusammenhang zwischen den zu speichernden Daten und dem verfolgten Ziel herstellen.

Hintergrund ist das zweite deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, das Union und SPD 2015 beschlossen. Die Internetzugangsanbieter Deutsche Telekom und Spacenet haben dagegen geklagt. Letztes Jahr hat der Europäische Gerichtshof erneut klargestellt, dass das deutsche Gesetz gegen EU-Recht verstößt. Das stellt das Bundesverwaltungsgericht jetzt auf Bundesebene klar.

Damit steht erneut höchstrichterlich fest: Verkehrsdaten anlasslos und massenhaft zu speichern ist und bleibt illegal. Mit Quick Freeze gibt es längst eine Alternative, im Oktober hat das Justizministerium einen entsprechenden einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Forderung des Koalitionsvertrags umsetzt. Die Umsetzung scheitert an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die weiterhin Vorratsdatenspeicherung fordert – trotz eindeutiger Urteile aller Höchstgerichte.

Update: Oliver Süme, Vorstandsvorsitzender des eco, kommentiert per Pressemitteilung:

Immer wieder haben wir diesen massiven Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger kritisiert, den die Vorratsdatenspeicherung mit sich bringt, obwohl ein Mehrwert für die Strafverfolgung nie belegt werden konnte. Die Bundesregierung sollte jetzt endlich die Chance für eine politische Weichenstellung ergreifen und die Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung in die Wege leiten.

Update: Patrick Breyer, EU-Abgeordneter der Piraten, kommentiert per Pressemitteilung:

Dieses Urteil ist ein historischer Erfolg für die Bürgerrechtsbewegung, die seit Jahrzehnten auf der Straße und vor Gericht gegen die Idee einer flächendeckenden Totalerfassung unserer Kontakte, Bewegungen und Internetverbindungen kämpft.

Update: Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag, fordert trotzdem Vorratsdatenspeicherung:

Es überrascht mich schon sehr, wie manche in Berlin die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gelesen haben und darin sogar die vollständige Absage zur gezielten IP-Adressenspeicherung sehen.

Update: Manuel Höferlin, innenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, widerspricht der SPD:

Die Vorratsdatenspeicherung ist tot. Mit der Ampelkoalition wird es auch keinen Reanimationsversuch geben. Das verlangen nicht nur die eindeutigen Gerichtsurteile in der Sache, sondern auch der gemeinsame Koalitionsvertrag.

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